IMHO :-)  

    Das Schaltjahr

Eine Zwischenbilanz von Enrico Scottini
Noch ist das Anfang Januar 96 begonnene Schaltjahr nicht zuende. Dennoch ist es an der Zeit eine erste Bilanz zu ziehen. Obwohl unter großem Mediengetöse eingeführt, zeichnet sich jetzt schon ab, daß das Schaltjahr die hochgesteckten Erwartungen nicht erfüllen kann:

Im Vergleich zu den ersten acht Monaten des vergangenen Jahres ist nur unwesentlich mehr geschaltet worden; selbst wenn man davon absieht, daß aus bestimmten Gründen, deren Erörterung hier zu weit führen würde, der diesjährige Februar um mehr als zwanzig Stunden länger war als der des Jahres zuvor. 

Die bisher vorliegenden Zahlen des statistischen Bundesamtes scheinen sogar eher einen gegenteiligen Trend zu bestätigen. Zwar wurde in mittelständischen Betrieben mit überwiegend katholischer Belegschaft um 1,3% mehr um-, an- und weggeschaltet, und auch aus der holsteinischen Oberpfalz kommt frohe Kunde: Hier wurde um 0,4% mehr ab- und zugeschaltet. Dafür wurde im Hamburger Umland nur ab und zu geschaltet.

Alles in allem - ein Reinfall. Schon murmelt die CDU-Mittelmaßvereinigung sybillinisch von "Konsequenzen" und "Rücktritt", auch wenn selbst die konservative FAZ richtig anmerkt, hier werde wohl "das innerparteiliche Spaltpotential über- bzw. unterschätzt." Und damit ist wohlgemerkt nicht die Menge der vorhandenen Kopfschmerztabletten gemeint. Was aber mag die Verantwortlichen dazu bewogen haben, aus den schlechten Erfahrungen von vor vier Jahren nicht zu lernen? Sind hier schon wieder jene interessierten Zirkel am Werk, welche der Volksmund als "Schaltkreise" schmäht?

Und so nimmt es nicht wunder, daß sich in Deutschland eine derartige Schaltmüdigkeit ausbreitet, daß der Schaltort Deutschland insgesamt gefährdet erscheint. Unisono schalt der Politikerchor, daß früher alles "ach, so viel besser" gewesen sei. Manch braves Mütterlein schalt den mißratenen Sohn, auf deutschen Baustellen wurde eifrig verschalt, und ein jeder wußte, daß es so herausschalt, "wie man in den Wald hineinruft".

Nur die Gentechnologie mag nicht in das pessimistische Gejammere einstimmen und setzt weiter aufs Schalten. Eben wurde gemeldet, daß in den Laboren dieser modernen Hexenmeister eine trickreiche Versuchsanordnung ersonnen wurde bei der sich "vor Schaltern lange Schlangen bilden."  

Satireinhals  Satireinhals next weiter

ADDIX-logo Unterstützt und gefördert von

ADDIX
Internet Services