IMHO :-)  

Wow oder Wusch!

Festivalreporter Enrico Scottini über Sven Badematte, den Vorsitzenden des Dortmunder Geschirrspülmaschinenclubs, und das 3.InternationaleTreffen der Washer.

"Dies ist das Woodstock der Washer!" ruft mir einer der vorbeieilenden Aktivisten euphorisch zu, und ein anderer imitiert launig das Geräusch eines laufenden Wasserhahns. Ein leichter Hauch von biologisch abbaubaren, anionischen Tensiden liegt in der Luft, und die warme Herbstsonne taucht das Festivalgelände in ein aprilfrisches Licht.

Biedere Familienväter haben sich für dieses 3.Internationale Washertreffen auf einer Wiese vor den Toren Dortmunds in ihre martialische Washerkluft geworfen: Farbenprächtige Kopftücher und gepunktete Plastikschürzen, nicht wenige tragen rosafarbene Latexhandschuhe. Auch die meisten der mitgebrachten Spülmaschinen sind liebevoll mit Hairbrush-Bildern verziert. Ich erkenne monströse Bienen und Blumen aber auch bizarre Gemälde von Handfeger und Schaufel.

Mit langen Schritten kommt mir ein großer, schlaksiger

Mann über das Festivalgelände entgegen, Sven Badematte, Vorsitzender des Dortmunder Geschirrspülmaschinenclubs und einer der Organisatoren dieses Treffens.

"Guten Tag!" Er begrüßt mich mit einem breiten, sympathischen Grinsen und streckt mir eine kräftige Hand entgegen - seiner fairy-ultra-plus-gepflegten Haut ist anzufühlen, daß ihm auch das Spülen mit der Hand nicht fremd ist.

"Von Beruf bin ich Steuerfachgehilfe", erklärt Badematte, "aber am Wochenende habe ich einfach das Bedürfnis auszubrechen. Ich weiß, daß wir Spüler in der Öffentlichkeit als ziemlich rauhe Burschen gelten", gibt er unumwunden zu, "doch ich versichere Ihnen, dieses Vorurteil entbehrt jeglicher Grundlage. Politisch sind wir eher PH-neutral. Sicher - wir machen gern mal einen derben Scherz über das Dekor von Meißner Porzellan, aber seien Sie ehrlich, wer von uns hätte das nicht schon einmal getan?"
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Bei 10.000 Umdrehungen, da
knallen die Bakterien nur so weg!


Ich schmunzele, denn natürlich sind auch mir Porzellan-Witze nicht fremd. Vor allem über Zwiebelmuster muß ich häufig weinen.

Badematte legt seine Hand schwer auf seine neben ihm stehende Spülmaschine. "Andere sammeln in ihrer Freizeit Briefmarken, züchten Blumen oder machen Knochmarktransplantationen! Und wir schrauben und polieren an unseren Würfeln herum. Na und? Was ist so schlimm daran?"

"Sehen Sie sich meinen Cube ruhig näher an!" Zärtlich legt Badematte einen Finger auf die Armatur. "Hier: 12 Spülprogramme, 6 Temperaturen! Doppelspülsystem in 3 Ebenen! Natürlich automatische Zugabe von Reiniger und Klarspülmittel. Dann hier: Wasserenthärter und Salzanzeiger. Dermatologisch getestete Rescue-Schaumblocker vom Feinsten! Bei 10.000 Umdrehungen, da knallen die Bakterien nur so weg! Und die Daten nach IEC 436: 4,8kWh, 65l, 170dB, H.85, B.60, T.60, Blende mahagonibraun und 45 Monate Garantie!!!" Um nicht als Blödmann zu erscheinen, nicke ich verstehend: "Wow - oder besser gesagt 'Wusch!', das ist ja unglaublich, Herr Bademantel!"

"Der Motor natürlich hochgetunet, dann alle Blenden leicht gelockert: das macht den Klang!" schwärmt er, wirft einen letzten Blick auf das sorgfältig im Inneren verstaute Geschirr, und nach einem sanften Druck auf die Fernbedienung, schließt sich mit einem schmatzenden Geräusch die Frontklappe. Ein sattes Motorengeräusch, begleitet von lautem Geschirrklappern, hebt an. "Turbo-Waschgang 2,5 Minuten! Darüber mach ich's nicht mehr!"

xxxxxxxxxxwasher sven badematte

Mit lautem Schreien versucht Badematte seine Maschine zu übertönen. "Das ist Musik, wie? So ein Ding muß wummern! Kein Vergleich zu diesen neuen...", verächtlich zieht er die Mundwinkel nach unten, "...Plastikgeräten." Und dann parodiert er mit verstellter Fistelstimme: "Oh, meine Händchen! Meine empfindlichen, manikürten Händchen!"

Noch ein letztes wütendes Schnaufen und der "Würfel" verstummt. Badematte öffnet die Spülmaschine, die nun voller Scherben ist und fegt das kaputte Geschirr achtlos hinaus. Nur eine etwas größere Scherbe fischt er mit spitzen Fingern aus dem Scherbenhaufen und hält sie mir vor die Nase: "Na, ist das Sauberkeit? Ist das Glanz? So sollen Scherben aussehen, dann klappt's vielleicht nicht gerade mit der Nachbarin, aber jedes Gesundheitsamt der Welt wird davon begeistert sein!"

Und wirklich! Die Porzellanscherbe strahlt in derartig keimfrei sauberem Glanz, wie ich es noch nie zuvor gesehen habe. Ich bin beeindruckt.

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