"Einen
wunderschönen guten Mor-
gen!" begrüßte mich mein Radio-
wecker. "Wir schreiben den 1. Januar
1900. Zunächst unser Buchtip: Dem-
nächst erscheint 'Die Traumdeutung'
von Sigmund Freud. Bißchen viel Sex
aber sonst ganz interessant. Wir
möchten Sie außerdem schon jetzt
warnend darauf hinweisen, daß in
schätzungsweise 33 Jahren ein ge-
wisser Adolf Hitler die Macht ergrei-
fen wird." Diese falsche Datumsansa-
ge war noch der kleinste Programm-
fehler. Kaum hatte ich mich angezo-
gen, da ermittelten die Sensoren mei-
nes Pullovers, daß meine Körpertem-
peratur auf 5 Grad gesunken sei.
Nach der alten Volksweisheit "Füße
warm, Kopf kalt, macht den besten
Doktor alt" erhöhte die Fußbodenhei-
zung daraufhin die Temperatur auf 80
Grad, während ein Gebläse die Luft in
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Kopfhöhe in
milden minus 35 Grad
hielt.
Unterdessen
hatten meine Hemd-
manschetten automatisch Blutdruck
und Puls gemessen und einen Puls
von 300 bei gleichzeitigem Herzstill-
stand an die Kaffeemaschine gemel-
det. Diese mischte darum dem Kaf-
fee einen hochdosierten Cocktail aus
Aufputschmitteln und Tranquilizern
bei. Kurz nach Genuß dieses Kaffees
torkelte ich am ganzen Körper zitternd
und derilierend aufs Klo. Die Klobrille
erkannte mich zwar noch richtig am
charakteristischen Abdruck meines
Gesässes wieder und säuselte
freundlich: "Hallo Enrico, hier spricht
deine Klobrille!" Doch anstatt mir
dann wie üblich "Viel Spaß beim
Kacken" zu wünschen und mir an-
schließend die aktuellen Börsennotie-
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rungen
vorzulesen, begann sie mit
französischem Akzent ein Gedicht
von Walther von der Vogelweide
rückwärts vorzusingen. Wahrschein-
lich war dies aber nur eine Halluzina-
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tion, die auf
der Einnahme der im Kaf-
fee enthaltenen Substanzen beruhte.Ich war
noch nicht mit meiner Not-
durft fertig, als draußen ein lautes Lalü
ertönte und kurz darauf zwei Notärzte
erschienen, die mich vom Klo zerrten
und auf eine Krankentrage legten.
Denn mein Klo hatte meine Ausschei-
dungen analysiert und die Ergebnisse
an die Uni-Klinik gesendet. Das Ana-
lyseprogramm hatte eine gefährliche
Geschwulst in meinen Eierstöcken
ermittelt. In der Klinik angekommen,
war schon alles für die Entfernung
meiner Eierstöcke vorbereitet, und
das Operationsteam, das sich aus
Spezialisten aus USA, Hongkong und
Italien zusammensetzte, die über In-
ternet die Instrumente steuern sollten,
war bereit.
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Doch
dann verlangte ein Überwa-
chungsprogramm den Abbruch. Ihm
war auf Grund meines Namens aufge-
fallen, daß ich männlichen Ge-
schlechts war. Daraus zog es zu
Recht die Vermutung, daß die Wahr-
scheinlichkeit für das Vorhandensein
von Eierstöcken nur gering sei.'Gut,
daß man sich auf Computer-
programme verlassen kann', dachte
ich, als ich erleichtert durch den grau-
en Neujahrsmorgen heimwärtsstapfte.
Leise rieselte der Schnee.
weiter
Satireinhals
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