Im Sog
immer neuer Enthüllungen zum CDU-Skandal
entsteht Alarmstimmung im Berliner Reichstag. Die
Unfähigkeit der Bürger, über kleine
Unregelmäßigkeiten
ihrer Repräsentanten hinwegzusehen, gefährdet
zunehmend die Demokratie. Von Bettina Trulk
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lichen, der von einem
Nachbarn durch
eine geldwerte Zuwendung in Form
von mehreren Litern eines alkoholhal-
tigen Gerstengetränks dazu gebracht
werden sollte, ohne Wissen seines
Vaters einen Maschendrahtzaun zu
versetzen, dessen Berührung den
Knallerbsenstrauch des Nachbarn
zum Verwelken bringt. Zunächst
willigte der Jugendliche in
den Deal ein und traf sich mit dem
Nachbarn zur konspirativen Bierüber-
gabe im Dorfgasthof "Zur alten Ulme".
Doch zu vorgerückter Stunde schlug
ihm die Unrechtmäßigkeit seines
Handelns derartig auf Gewissen und
Magen, daß er sich entschloß auf die
Gaststättentoilette zu eilen und die
Sachspende unverzüglich zurückzu-
geben.
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Aber man sollte
an das Gewissen
der höchsten Vertreter unseres Vol-
kes wohl andere Maßstäbe ansetzen
dürfen als an einen jugendlichen
Schluckspecht. Zumal Bierspenden
nur selten über Schweizer und Liech-
Umstrittene Bierspende:
Das einzig Bare - Barsteiner
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tensteiner Konten
abgewickelt wer-
den. Darum reagiert das Volk wie ge-
wohnt miesepetrig und humorlos. Selbst Stefan
Raab, der sich norma-
lerweise nicht soo sehr für Politik
interessiert, grummelte schon: "Mir
reicht das langsam mit denen in
Bonn!" Denn die Politiker aller Partei-
en werden über einen Kamm gescho-
ren, und nicht einmal für den zweifel-
los großen Unterhaltungswert der aus-
ufernden Skandalshow zeigen die
Menschen Dankbarkeit.
Auch
der Deutsche Humoristenver-
band versteht mittlerweile keinen
Spaß mehr. Durch die in immer kürze-
ren Abständen bekannt werdenden
Enthüllungen ist es den Satirikern
kaum noch möglich ein aktuelles Pro-
gramm zu gestalten. Sie rufen die
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CDU daher zur
Mäßigung auf und er-
wägen gar, vor Gericht zu ziehen, da
sie durch das Verhalten der Christde-
mokraten "die Freiheit der Berufsaus-
übung gefährdet sehen".Noch vor
Monaten wurden die Deut-
schen weltweit darum beneidet, daß
sie sich den Luxus leisten konnten,
zwei Kanzler zu haben: einen Altkanz-
ler und einen Neukanzler. Aber schon
bald könnten sie ganz ohne Kanzler
dastehen, denn
Der eine droht zu
versinken.
Der andere droht
abzuheben.
weiter
Archivinhals
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Es ist wie
bei einem Mord. Alles hat
etwas Gutes. Das Gute an einem
Mord ist, daß wir daran sehen, daß
die Polizei oft in der Lage ist, die
Täter dingfest zu machen. Leider mei-
stens erst hinterher. Wenn wir nun den
Parteienforschern Glauben schenken
dürfen (Und das dürfen wir - zumin-
dest unter der Voraussetzung, daß
uns die Parteienforscher für dieses
Geschenk eine Spendenquittung aus-
stellen und alles ordnungsgemäß in
ihren Büchern vermerken) dann hat
auch der erste große Skandal der
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Berliner Republik etwas
Gutes. Wir
sehen daran, daß die Presse oft in
der Lage ist derartige Geldschiebe-
reien publik zu machen. Leider eben-
falls meistens erst hinterher.Wie
Politikwissenschaftler anmer-
ken, ist ein weiterer Vorteil der CDU-
Affäre, daß durch sie das Unrechtsbe-
wußtsein der Bevölkerung geschärft
wurde, selbst in scheinbar harmlosen
Dingen. So berichtet die Düsseldorfer
"Rheinzeitung" in ihrer aktuellen Aus-
gabe von einem Oldenburger Jugend-
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