IMHO :-) Diskussion
 

Im grauen Alltag

 

IMHO :-) -Reporter Ferdinand E. Remstall im Gespräch mit
Dagmar Bababbel und Werner Vieß über Behinderungen
und gesellschaftliche Moral

Ferdinand: Frau Bababbel, Sie ha-
ben Einwände?
Bababbel: Herr Vivivi... Herr Vievi...
Vieß: Herr Vieß!
Bababbel: Genau. Herr Vievivieß, di-
didie Würde des Memensch... sch...
schen wird doch von Iiiiehn...hhn...
hhnnn...nen nur vorgeschobeben.
Vieß: (ein leises Lachen unterdrük-
kend)
Hochverehrte Frau Bababbel,
es tut mit leid, wenn Sie diesen Ein-
druck...
Bababbel: Es tututut tut tut Ihnen ga-
gagar nicht leid. Ihre plumpumpum...
pe Anbibibiderung können Sie sich
sonstwowohin...
Vieß: Aber ich bitte Sie! Lassen Sie
uns doch sachlich (lacht) bleiben!
Bababbel: Dadada! Sie lalala... Sie
lachen ja schon wiwieder!
Vieß: (kichert) Entschuldigen Sie.
(räuspert sich) Aber wenn Sie auch

so bescheuert stottern...
Bababbel: Dadadas ist eine Ffffff...
eine Fffff...fffrrrr... Das ist eine Unnun...
u...u...
Vieß: (gluckst) Aufhören! (hält sich
den Bauch und wälzt sich vor Lachen
auf dem Fußboden)
Aua! Aua! Haha-
haha! Aufhören!
Bababbel: (mit zornrotem Gesicht)

Herr Viess
Vieß auf dem Balkon unserer
Redaktion:
Oft deprimiert

Babbaba lalala dada... fff!
Ferdinand: Herr Vieß, Frau Babab-
bel, ich denke, wir sollten wieder...
Vieß: Also gut! Also gut, ich gebe es
zu! Es geht mir gar nicht um die Wür-
de des Menschen! In Wirklichkeit geht
es mir nur darum, mich über Stotterer
zu amüsieren! (blickt zu Boden) Aber
ich habe es auch nicht immer leicht
gehabt. (sehr leise) Was glauben
Sie, wie depremiert ich oft bin. Doch
wenn ich jemanden stottern höre,
dann kann ich wenigstens mal richtig
schön lachen! (blickt mit Tränen in
den Augen auf)
Ein bißchen Spaß,
ein kleines bißchen Fröhlichkeit im
grauen Alltag - ist das denn zuviel ver-
langt? (bedeckt das Gesicht mit den
Händen und beginnt hemmungslos
zu schluchzen)

Ferdinand: (zu Frau Bababbel) Da
sehen Sie, was Sie mit dem armen
Mann gemacht haben!
Bababbel: Sie können doch nicht mir
die Schuld dafür geben, daß dieser
Mensch jetzt flennt!
Ferdinand: Könnten Sie jetzt wenig-
stens ein bißchen stottern, um den
armen Kerl etwas aufzuheitern!
Bababbel: So weit kommt es noch!
Ich stottere doch nicht auf Befehl! Ich
bin doch nicht der zwitschernde Spatz
zwischen zwei Zwetschgenzweigen!
Ferdinand: Das hab ich gern! Mit-
menschlichkeit einfordern, aber nicht
zur kleinsten Anstrengung bereit sein,
um einen anderen Menschen glück-
lich zu machen. Das ist genau die
Doppelmoral,* die unsere Gesellschaft
kaputt macht! (wütend) Verschwinden
Sie, Sie widerwärtige, hinterhältige
Person! (während Bababbel den
Raum verläßt, legt Ferdinand trö-
stend einen Arm um Vieß' Schul-
tern) Nun hören Sie schon auf zu Wei-
nenenen! Hören Sie dododoch, ich
kakakann auuu...chch stottottottottern!
(aber Vieß weint weiter)

weiter weiter

archivinhals Archivinhals

* hier fehlte ein komma, danke - mr. franke

Ferdinand: Frau Bababbel, Herr
Vieß, zum Anfang des neuen Jahrtau-
sends wird in den Medien wieder viel
über Moral debattiert und darüber,
daß zwischen den verschiedenen
gesellschaftlichen Gruppen der Kon-
sens verlorengegangen scheint. Frau
Bababbel, Sie sind die Generalsekre-
tärin der Deutschen Stotterselbsthilfe...
Bababbel: Nein, ich bin die Spre...
die Sprpre... Sprecherin!
Ferdinand: Sie, Herr Vieß, sind der
Vorsitzende der Gesellschaft zur För-
derung von Sprachfehlern.
Vieß: So ist es!
Ferdinand: Der Name Ihrer Gesell-
schaft kann ja leicht Anlaß zu Mißver-
ständnissen geben. Welche Ziel-
setzung hat man sich darunter vorzu-
stellen?
Vieß: Die Mitglieder unserer Gesell-
schaft sind zutiefst davon überzeugt,
daß es nicht nur zur Würde des Men-
schen gehört, ihn mit all seinen Behin-
derungen anzunehmen, sondern wir
meinen sogar, daß sie Ausdruck sei-
ner individuellen Persönlichkeit sind.
Es ist daher unser Anliegen Sprach-
fehler wie Stottern, Lispeln oder Palin-
dromismus zu fördern.
Bababbel: Wenn ich dadada gleich
mal unterbrechen dadadarf!